Blue moments

Wie sehr ich dieses scheinbar unendliche BLAU der Ägäis vermisst habe, merke ich erst jetzt, wo ich wieder mitten drin bin und grenzenlos ins Blaue gucke. Wunderbar!

Und doch kommt es mir vor, als ob es nicht mehr ganz so ist, wie noch im letzten Jahr. Eine Nuance weniger Glanz vielleicht? Das Blau ein Hauch weniger strahlend? Sieht man dem Himmel jetzt schon an, wie sehr die Welt sich im vergangenen Jahr verändert hat? Doch vielleicht steckt mir einfach noch die Erschöpfung von der anstrengenden Reise in den Knochen. Das übervoll gepackte Flugzeug, die langen 10 Stunden auf der verspäteten Fähre mit Maske auf der Nase drinnen wie draußen.  Einige letzte Spinnweben meiner zunehmenden Gereiztheit und schlechten Laune, wenn im Flugzeug noch immer alle sofort aufspringen und zum Gepäckfach stürzen, sobald die Maschine gelandet ist? Auf die Fähre drängeln wie die Lemminge? Die ständige rundum Beschallung hier wie dort „Damit wir alle gesund bleiben, halten Sie bitte mindestens 1,5 m Abstand! Tragen Sie Ihre Maske! Benutzen Sie Desinfektionsmittel!“

Im Getümmel dieser Reise drängt sich mir immer wieder penetrant die Frage auf, welche Vorsichtsmaßnahmen wir denn eigentlich gegen die Angst treffen? Sie ist so offensichtlich und scheint womöglich noch ansteckender als der Virus selbst zu sein!  Die Angst vor der Krankheit, die Angst um unser Leben und unsere Lieben, die Angst um unseren Job, die Angst vor dem Morgen… die Angst hat uns fest im Griff. Das Geschäft mit der Angst. Wir erstarren in dieser Angst.

Ob die Welt jemals wieder so sein wird, wie wir sie vor Corona kannten, wissen wir nicht. Wird sie besser oder schlechter sein? Niemand kann das im Moment so genau sagen.  Angst jedoch frisst die Seele auf, lässt konstruktive Überlegungen, den Austausch mit anderen Menschen, kreative Ideen aller Art und neue Denkansätze gar nicht erst zu, weil die Angst uns handlungsunfähig werden lässt. Wer kontrolliert hier wen? Die Angst uns oder wir unsere Angst? Eine Frage, von der ich meine, dass wir sie unser dieser Tage immer wieder stellen müssen. Manchmal hilft es uns dabei, einen Schritt zurück zu treten und einen “blue moment” einzulegen.

Unser Planet ist blau. Der Himmel ist blau. Das Meer, Seen und Flüsse sind blau. Die Farbe BLAU ist größer als unser Alltag. Der expressionistische Maler Wassily Kandinsky schrieb 1910, bevor er mit Franz Marc die Künstlervereinigung “Blauer Reiter” gründete: “Je tiefer das Blau wird, desto mehr ruft es den Menschen in das Unendliche, weckt in ihm die Sehnsucht nach Reinem und schließlich Übersinnlichem.”

„Recht hat er, der Herr Kandinsky“ lächele ich vor mich hin, als ich vorhin mal wieder ins Blaue geträumt habe…. denn mein Alltag mit allen dazugehörigen Sorgen & Ängsten verschwindet tatsächlich für den Moment im Hintergrund und das Leben relativiert sich.  Eine Weite stellt sich ein, in der alles möglich scheint. Das Meer glänzt wieder wie seit Anbeginn der Zeiten.

Egal wo ihr diesen Sommer verbringt – macht doch einfach mal BLAU….

Herzliche Grüße
Barbara

 

3 Kommentare
  1. Susanne Pallagi sagte:

    Was für eine angenehme blaue Bereicherung! Bereits die alten Ägypter thematisierten die lebensspendenden Eigenschaften der Farbe Blau. In diesem Sinne ein großes Lapislazuli Lob an die Autorin:-)

    Reply

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