De·mut Substantiv, feminin [die]

Eine altmodisch anmutende Tugend, diese Demut,  vollkommen außer Mode gekommen. Moderne Menschen streben nach Selbstfindung, wir leben doch nicht mehr im Mittelalter!

Die Demut jedoch ist viel älter als die christlich/jüdische Religion, mit der sie so gerne im Doppelpack daher kommt. Hier kommen wieder mal die alten Griechen ins Spiel! Plato bezeichnet sie als das„Unterscheidungsvermögen“ der Moral und mein Lieblingsphilosoph Aristoteles spricht von der klugen Selbstbeherrschung und der Fähigkeit eine Mittelposition einzunehmen. Aha?

Wir modernen Menschen leben mitten in einer Pandemie und begreifen so langsam, dass die Normalität so wie wir sie aus der Zeit vorher kannten, sich womöglich so nicht mehr einstellen wird. Unserem Planeten geht die Puste aus und wir sinnen nach Auswegen wie z.B. alternative Energien usw. Doch passt das alles mit unserem „live style“ unter einen Hut?

Das ist eine Frage, die mir immer wieder durch den Sinn geht, wenn ich dieser Tage übers Meer schaue. Griechenland setzt auf alternative Energien, schließlich gibt´s genug Sonne und so viel Wind! Ich sehe die aktuell im Netz kursierenden Fotos von Euböa, der zweitgrößten griechischen Insel nördlich von Athen vor mir.  Der letzte Wald ist vor 2 Jahren abgebrannt. Jetzt wachsen ganze Wälder aus Windmühlen nach. Meine Insel, Ikaria, hat eine Länge von 40 km und mißt an der breitesten Stelle 8 km. 180 Windmühlen sollen auf dem Gebirgsrücken aufgestellt werden. Da wird´s mir schwindelig! Aber no worries!  Bevor es soweit ist, muss ja erst die Infrastruktur dafür hergestellt werden. Die bestehenden Gebirgsstraßen sind alt und eng, da kommen die Riesenschlepper, die die Teile transportieren müssen gar nicht durch. Wir brauchen neue Straßen! Auch die Transportschiffe passen nicht so recht in den Hafen, der muss natürlich erweitert werden! Klar, dafür muss man was tun! Was sollen wir mit den letzten Adlern tun? Den seltenen Bäumen und Kräutern, die hier wachsen? Den versteckten Hochebenen im Gebirge, die ein einzigartigs Shangrila sind? Lassen wir das alles sausen?

Ich schaue nach oben zu unserem kleinen Windrad, dass sich lustig im Wind dreht. Prima, heute haben wir viel Strom! Genug, um in unserem (kleinen) Kühlschrank ein Bier kalt zu stellen. Genug, um in unserer tapferen (kleinen) Campingwaschmaschine eine Runde Wäsche laufen zu lassen. Bügeln können wir die natürlich nicht, denn ein Bügeleisen hat eine enorm hohe Wattzahl, viel zu hoch für unser kleines Windrad. Ist hier aber auch nicht so wichtig.  Genug um den Tatort im Fernsehen zu sehen allemal, genug um die Handys & Computer zu laden. Ich fühle mich reich! Oh, und vielleicht macht der kühle Nordwind morgen ja eine kleine Pause, dann könnten wir schwimmen gehen. Würde prima in meinen Terminkalender passen! Funktioniert so leider nicht mit der Planung, denn der Wind macht bekanntlich was er will.

Das Leben in den vergangenen Monaten mit unserem kleinen Windrad hat mich die so altmodisch anmutende Demut gelehrt. Vor dem Wind, der bestimmt, wann wir Wäsche waschen. Vor der Sonne, die bestimmt, wann wir warmes Wasser zum Duschen haben. Ein ganz neuer „Live Style“! Ist uns das allen klar, wenn wir von alternativen Energien sprechen?

Kluge Selbstbeherrschung und ein Mittelmaß finden. Yep, Aristotels hat´s mal wieder auf den Punkt gebracht!

Herzliche Grüße
Barbara